Eine Liebe – Eine Menschheit 

‘Heute sind sie auf der Flucht, morgen kannst du es sein…’

Je mehr ich das wahre Gesicht der Geflüchteten sehe, desto mehr komme ich zu dem Schluss, dass wir alle ‘Flüchtlinge’ sind und dass jeder Mensch, der den Mut hat, die Grenze zu überschreiten, und manchmal buchstäblich dem Tod in die Augen schaut, einen Grund hat, hier zu sein. Und es ist nicht an mir zu beurteilen, ob dieser Grund angemessen ist…

Alle Grenzen werden sich in dem Moment öffnen, in dem wir unsere Herzen öffnen und unsere inneren Grenzen brechen…

Das Buch enthält:
– 29 Geschichten von Flüchtlingen
– 29 Anekdoten
– 29 Begegnungen

Eine Liebe - Eine Menscheit

Liebes Du

Ich widme dir diese Buch

Weil Du
Auf der Flucht
Ein Ausgestoßener
Ander bist
Nicht zum Durchschnitt gehörst
Eine schwere Last trägst

Einsam
Normal
Ein Mensch
Einzigartig bist

Weil du ein Teil von mir bist
Weil du dich nach Liebe sehnst,
wie jedes menschliche Wesen

“Zwischen dir und mir besteht kein Unterschied.
Heute bist du auf der Flucht, morgen mag ich es sein…”

Die Welt hat Feuer gefangen. Es geht nicht lediglich um Geschichten der Flucht. nein, wir leben auf einer tickenden Bombe. Unsere Ozeane sind voller Plastik. Unsere Luft verschmutzt. Unser Essen vergiftet. Naturheilung steht unter Verbot. Jeden Moment könnten wir in die Luft fliegen.

Wir wissen

Frieden auf Erden ist eine Illusion. Der einzige Ort an dem wir Frieden empfangen können, ist in uns selbst. Wenn wir in Frieden mit uns selbst leben, werden wir die Welt mit anderen Augen sehen. Ich habe oft erlebt, dass Leben Leiden bedeuten kann, doch indem ich meine Erfahrungen akzeptiere und wertschätze, solange ich mich nicht vor schlechten Erfahrungen verschließe, können Sie mir nichts mehr anhaben. Ich suche nicht mehr nach der vollkommenen Glückseligkeit. Wieso sollte ich die Sonne in den Mond verwandeln?

Das eine kann ohne das andere nicht existieren.
Je mehr wir nach dem Glück streben, umso mehr werden wir leiden.

Wie auf Erden sollen wir imstande sein unsere Lektionen des Lebens zu lernen, wenn wir keinen Herausforderungen auf unserem Weg begegnen?

Wie können wir uns befreien von unseren Glaubensvorstellungen und den Bedingungen, die uns von unserer Essenz trennen: pure vibrierende Göttlichkeit, die Licht und Dunkelheit – Schmerz und Leiden- trotzend, unveränderbar göttlich bleibt.

Pure Energie, immer in Bewegung, auf der Reise.
Immer offen und ehrlich. Neugierig wie ein Kind.

Leider wollen wir nicht wissen.

Lieber vergraben wir unsere Köpfe im Sand, denn wir können die Vorstellung nicht ertragen, in einer Gesellschaft zu leben, die jeden Moment zusammenbrechen könnte.

Alles sichtbare ist temporär, vergeht. Alles erscheint eines Tages und verschwindet dann wieder nach einer Weile. Was bleibt ist Liebe…

Hier auf Erden sind wir alle Flüchtende. Wir brauchen einander. So wie die Geflüchteten unsere offenen Armen brauchen, benötigen wir ihr positive Energie. Natürlich gibt es auch Spreu unter dem Weizen, doch wenn wir dies nicht akzeptieren, werden wir niemals Weizen ernten können.

Es ist egal, wie hoch wir unsere Mauern bauen, letztendlich werden die Lücken im System gefunden, die Menschen werden ihren Weg finden, um uns zu erreichen. Selbst mit allem Geld und Vereinbarungen der Welt werden wir den Strom nicht stoppen können. Warum sollten wir auch, stellt all dies doch eine bereichernde Möglichkeit des Wandels zu einem neuen Leben dar.

Wir entwickeln uns durch Erfahrungen. In einer „sicheren und stabilen“ Welt zu leben ist eine Illusion, eine Fantasie. Die Macht über unser Leben erhalten wir erst indem wir akzeptieren, dass sich unser Leben konstant verändert. Wenn wir uns jedem Moment des Lebens hingeben, ohne Angst vor dem Morgen, können wir uns in jeder Situation sicher fühlen. Egal wo wir uns befinden, unabhängig von dem, was vor uns liegt.

Und ja es stimmt: Menschen diskriminieren, wir alle tun es unabhängig von unserer Hautfarbe und unserer Sozialisation. Doch davon sollte man sich nicht aus dem Konzept bringen lassen, sondern es akzeptieren und weiteratmen.

Menschen werden Menschen bleiben und die gesamte Welt werden wir nicht verändern können, ändern können wir jedoch unseren Blick auf die Welt. Wenn wir uns selbst lieben und akzeptieren, können wir auch jeden „Fremden“ annehmen und einbeziehen.

Das Werkzeug dafür ist ein offener Geist. Häufig machen „Entwicklungshelfer“ und Freiwillige Schutzsuchende von sich abhängig. Das gibt uns ein gutes Gefühl, doch muss diese Mentalität enden. Anstatt dauerhaft anzunehmen, dass die Geflüchteten uns brauchen ist es an der Zeit zu akzeptieren, dass wir uns gegenseitig brauchen.

Das Lager „Moria“ auf Lesbos ist der Vorbote des „Multikulturellen“; das beste Beispiel eines Ortes, an dem Menschen miteinander in Kontakt kommen und, ob sie es wollen oder nicht wollen, sich verändern.

In Krisenzeiten gibt es keine Noten, keine Kasten und kein Klassensystem. Wenn wir uns tatsächlich in die Augen gucken, verwandeln wir uns entweder oder versinken noch tiefer in unserem menschlichen Leiden.

Wie alles begann

Meine Reise begann, als ich den Dokumentarfilm „Zeugen von Piräus“, über Geflüchtete in den Häfen Griechenlands, sah. Dabei berührte mich der Bericht Petra Hubbelings von den Zen-Friedensmachern besonders. Sie beginnt ihre Reise mit leeren Händen. Es scheint mir der richtige Weg zu sein…

Wir Menschen aus dem „Westen“ sind so sehr darauf aus, etwas zu bewirken. Gerne wüssten wir immer im Voraus, was Andere benötigen. Ängstlich werden wir, bemerken wir einst, dass wir mit leeren Händen wandeln. Schließlich bedeutet dies, dass wir offen dem allen gegenüber sind. Gegenüber des Leids, des Schmerzes, der Freude, ohne Not, dies zu verändern. Dies ist der schwierigste und gleichzeitig schönste Weg, den es gibt. Aus dieser Mentalität kann alles erwachsen und sich entwickeln. Nicht nur braucht es dafür einen offenen Geist, es heißt auch, dass man bereit sein muss, bis in die tiefste Seele von Dingen berührt zu werden.

Im Juli 2016 flogen Giri und ich nach Piräus. Nachdem beschlossen wurde, das Lager im Hafen Athens zu schließen, entschieden wir nach Lesbos zu gehen. Im Oktober kehrten wir zurück. Diesmal mit dem Auto und für beinahe ein halbes Jahr…

So treffen wir Menschen aus mehr als 70 Ländern und Kulturen. Erschöpfte, traurige, enttäuschte, glückliche, wundervolle Menschen und viel mehr als alles andere: mutige Menschen. Unglaublich wurde mein Leben dadurch bereichert, Personen aus derart verschiedenen Kulturen kennenzulernen und ihren Geschichten zu lauschen.

Jedes einzelne Augenpaar in das ich geschaut habe, wird für immer in meinem Herzen bleiben…

Een ongelofelijke vluchtweg

Eine unglaubliche Fluchtroute

In Eritrea regiert eines der repressivsten Regimes weltweit. Jegliche Kritik an der Regierung ist strengstens untersagt und Oppositionelle werden verhaftet. Der Militärdienst, der bis zu 10 Jahre des Lebens beanspruchen kann, ist für viele ein Grund zu fliehen. Doch Eritreern ist es nicht gestattet, ihr Land ohne die Erlaubnis der Autoritäten zu verlassen und jeder, der es versucht, läuft Gefahr niedergeschossen zu werden. 
Deserteure und Geflüchtete werden grausam gequält und Familienangehörige ins Gefängnis gesteckt…

Wie jeder junge Mann, wurde ich einer Militärausbildung unterzogen. In den Jahren sammelte ich ausreichend Punkte, um für zwei Jahre zur Universität zu gehen. Ich wollte Ökonom werden, doch das Regime zwang mich, für sie als unbezahlter Lehrer zu arbeiten.

„Bevor ich in Israel ankam, war mir nicht bewusst,
wie sehr wir in unserem Leben unterdrückt wurden.

„Soldaten umzingelten die Schule, in der ich arbeitete und rekrutierten alle Volljährigen. Ohne Essen und Trinken, ohne Kontakt zu unseren Familien, mussten wir hunderte Kilometer laufen, bis zu dem Gebiet in der verlassenen Wüste von Djibouti, in der wir unser Training erhalten sollten…“

„Dann wurden wir in ein Camp mitten in der Wüste gebracht. Da ich niemanden umbringen wollte, entschied ich mich zu fliehen. Sie hetzten Hunde auf mich, doch wir rannten stundenlang und schafften es, die Hunde mit Stöcken loszuwerden.“

„An der Grenze lebende Nomaden halfen uns, die Grenze zum Sudan zu überqueren. Sie schickten uns zum Büro der Vereinten Nationen, welche uns dann in ein Flüchtlingscamp brachten. Ich verbrachte dort fünf Monate ohne Arbeit und jemanden, der mir helfen konnte.“

Mukasa bricht aus und findet Arbeit an der Grenze zwischen Eritrea und dem Sudan. Immer wenn er versucht, die Grenze nach Khartoum zu überqueren, verhaften sie ihn erneut und bringen ihn zurück ins Flüchtlingslager. Er verliert die Hoffnung und fängt an nach einem Schmuggler zu suchen, der ihn nach Israel führen kann. Schließlich landet er in Sinai, Ägypten.

„In Sinai lebt die Mafia.
Sie sind nicht menschlich und handeln nicht mit Drogen,
sondern mit Menschen.

Endlich findet Mukasa ein Schmuggler, der ihm eine sichere Route nach Israel verspricht. Zusammen mit anderen Geflüchteten wird er in hölzerne Boote geladen, in Gruppen von 25 Personen sollen sie so den Nil überqueren. Zwei der drei Boote versinken vor seinen Augen. Hilflos sieht er zu, wie fast 30 Menschen ertrinken, nur Wenige können schwimmen.

„Immer noch höre ich die Schreie der Ertrinkenden. Wir selbst weinten und schrien. Dann fischten uns Angler aus dem Wasser und stahlen alles was wir besaßen. Nochmals mussten wir einen Schmuggler ausfindig machen, sodass wir dann nach 14 Tagen unsere Reise fortführen konnten.“

„Zweieinhalb Monate haben mich die Beduinen in der Wüste Sinai festgehalten. Die 3.500 Dollar, die sie verlangten, wurden zu einem Vermittler in Eritrea weitergeleitet. Wer das Geld nicht zusammenbekommt, dem werden die Fingerkuppen einzeln abgeschnitten. Ich hatte großes Glück Yasmin. Sie schlugen uns und wir kriegten kaum etwas zu essen. Nachts mussten wir als Bauarbeiter arbeiten. Endlich schaffte ich es, genügend Geld zusammenbekommen und nach Israel weiterzuziehen.“

In vier Jahren akzeptierte Israel 40.000 eritreische Gastarbeiter. Da viele führende Politiker davon überzeugt waren, dass sie die jüdische Kultur ruinieren, bekam keiner dieser Gastarbeiter eine Aufenthaltsgenehmigung. Am 27. Dezember 2015 dann wurde Ihnen verboten, künftig in Israel zu arbeiten. Nun mussten auch wir in ein Camp gehen. Unsere israelischen Freunde machten sich große Sorgen.

Drei Optionen standen den Männern offen:

  • In einem von der Außenwelt abgeschlossenen Camp in der Wüste Israels mit voller Versorgung zu leben. Ohne Möglichkeit, das Camp zu verlassen.
  • Zurück nach Eritrea zu gehen, mit 3.500 Dollar und einem kostenlosen Flugticket. Keine Option.
  • Den Handel zwischen Israel und Ruanda wahrzunehmen und somit ein kostenloses Ticket, 3.500 Dollar und drei bezahlte Hotelnächte in Ruanda zu erhalten.

Mukasa hatte Berichte gehört, dass Einige Europa über Ruanda erreichen. So entscheidet er sich für diesen Weg, vertraut all sein Geld einem Freund an, der es ihm schicken soll wenn er es braucht und bricht auf nach Ruanda.

Nach drei Tagen trifft er dort auf einen Schmuggler mit dem er die Grenze nach Uganda überquert und nach Kampala, in die Hauptstadt gebracht wird.
Er führt seine Reise fort in den Südsudan und folgt der Hauptstraße bis in die Hauptstadt Juba. In den Sudan fliegt er anschließend mit einem gefälschten Pass, wird am Flughafen von jemanden empfangen und beginnt so seine Reise weiter in den Norden.

„Überall gibt es kleine Kontrollstationen, die von Jugendlichen mit Waffen überwacht werden. Bis wir in Khartum, der Hauptstadt des Sudans, ankommen, müssen wir häufig bezahlen. Regelmäßig wurden wir verhaftet und ins Gefängnis gebracht. Nach neun Monaten fing ich am verrückt zu werden und entschied, den Sudan zu verlassen.“

„Von einem Eritreer mit Aufenthaltsgenehmigung kaufe ich ein Visum für die Türkei, für sieben tausend Dollar.

Mit einem gefälschten Pass fliegt Mukasa nach Istanbul und kommt nach vielfachen Komplikationen im Juni 2016 in Lesbos an. Seine unvorstellbare Flucht hat ihn insgesamt fast zwanzigtausend Dollar gekostet. Endlich ist er frei!

Um wieder in einem Internierungslager eingeschlossen zu werden. Seine Emotionen sind sichtbar, sein Schmerz greifbar, doch sein Wille ist ungebrochen. Mukasa hat sich seinen Namen redlich verdient. Tatsächlich ist er ein Engel in seiner Art, sich um seine Mitmenschen zu kümmern.

Obwohl Eritrea und Äthiopien sich immer noch im Krieg miteinander befinden, gilt dies nicht für ihre Bevölkerung. Im Lager „Moria“ leben sie friedlich zusammen und leben grenzüberschreitende Beziehungen…

Zwei Sorten Geflüchtete

Laut unserem Nuklearphysiker Mostafa aus dem Iran gibt es zwei ‘Typen Geflüchteter’: Zum einen solche, die ihr Land verlassen müssen, weil sie stark gefährdet sind, durch Kriege oder andere politische Gründe. Dann jene, die wir als ‘Wirtschaftsflüchtlinge’ beschreiben können, die ‘auf der Jagd nach dem Glück’ sind, die ‘Abenteure’.

Sie werden wachgerüttelt, ermutigt durch die Medien und den Zeitgeist, werden derart neugierig, unbekannte Orte der Welt zu entdecken. Sie glauben nicht nur, dass Europa ein ‘Walhalla’ des Geldes ist, nein sie glauben auch, dass sie dort ungestört all das genießen können, was in ihren Herkunftsländern unter Verbot steht, wie Drogen und Alkohol.

Je mehr ich die Geschichten hinter den Geflüchteten Gehör schenke, umso mehr glaube ich, dass es um einiges komplexer ist. Stück für Stück entdecke ich, dass jeder Mensch, der den Mut aufbringt, diese Reise anzutreten und teilweise buchstäblich dem Tod in die Augen sieht, einen guten Grund hat; hier zu sein. Es ist nicht mein Recht zu beurteilen, ob dieser Grund korrekt ist oder nicht.

Fragen Sie uns denn, warum wir nach Afrika gehen, ihre Länder ausbeuten und den unschuldigen Touristen spielen, dabei völlig ignorieren, dass die große Mehrheit der Bevölkerung arm und unterdrückt ist? Ganz zu schweigen davon, dass diese Unterdrückung und Armut wahrscheinlich das Resultat unseres Wirkens sind…

Vollkommen verrückt

“Yasmin, ich denke darüber nach, nach Pakistan zurückzukehren.”
“Was hält dich davon ab?”
“Wir kriegen ein Ticket und 500€, aber wir wollen 5.000€.”
Ich gucke ihm in die Augen und sage:
“Ich bin ein armer Grieche. Ich komme nach Pakistan, möchte ein Haus, einen Job und gute Bildung für meine Kinder.”

Er schaut mich an.
“Wir sind verrückt Yasmin, nicht?”
“Ja mein Lieber, ihr seid absolut verrückt”
antworte ich, ohne ihn zu verurteilen.
“Was rät dir dein Herz?” frage ich.
“Ich möchte zurück nach Hause. Ich möchte meine Frau und Kinder sehen. Ich träume von ihnen. Ich will hier weg Yasmin. Wirklich, ich verspreche es…”

Drei Tage später erzählt er mir, dass er erst einmal nach Italien möchte, um dort Geld zu verdienen.
Dabei weiß ich, dass es nutzlos ist, ihn davon abzuhalten. Er muss erfahren, was jede Seele für sich erfahren möchte…